Wir sind zahlungsfähig! Oder vielleicht doch nicht? In vielen Unternehmen herrscht in Beantwortung dieser Frage Unklarheit.
Eines der größten Insolvenzmythen, insbesondere im kleineren und inhabergeführten Mittelstandssegment, lautet sinngemäß: „Solange wir einen positiven Saldo auf dem Geschäftskonto vorweisen können, ist unser Unternehmen noch in einer vertretbar sicheren Situation.“
Diejenigen, die ihr Unternehmen im Sinne dieser These führen und steuern, dürften in vertieften Krisensituationen unter Umständen eine böse Überraschung erleben. Eine unentdeckte Zahlungsunfähigkeit ist für die verantwortlichen Akteure neben Status- und Imageschäden mit beachtlichen zivil- und nicht selten auch strafrechtlichen Konsequenzen verbunden. Insofern sollte es für jede Geschäftsführung zum Basis-Know-how gehören, den aktuellen Deckungsgrad der eigenen Zahlungsfähigkeit aus insolvenzrechtlicher Sicht herleiten und stichtagsgenau belegen zu können. Zur Unterstützung dieses Präventionsansatzes hat der Gesetzgeber mit der Einführung des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (kurz: StaRUG) zum 1.1.2021 die Pflicht zur Krisenfrüherkennung in §1 StaRUG verbindlich verankert. Jeder Geschäftsführung wird vor diesem Hintergrund empfohlen, eventuelle Know-how-Lücken dringend zu schließen.
Die bloße Hoffnung auf bessere Zeiten und inaktives Abwarten kann fatale Folgen haben
Stellen Sie sich bitte folgendes Szenario vor. Sie sitzen als vielbeschäftigte Nr. 1 Ihres Unternehmens mit Ihrer Familie beim gemütlichen Sonntagsfrühstück und lesen in der Tageszeitung die Schlagzeile:
Willi Meier* (Name geändert): Staatsanwaltschaft untersucht Vorwurf der Insolvenzverschleppung,
Lebenswerk des einstigen Erfolgs-Unternehmers zerstört
Was geht Ihnen dabei durch den Kopf? Sind Sie und Ihre Familie vor solch einem oder ähnlichem Super-GAU-Szenario ausreichend geschützt? Welche Schutzvorkehrungen haben Sie in Ihrem Unternehmen etabliert, um täglich Transparenz und Übersicht in Ihren Unternehmens- und vor allem Liquiditätskennzahlen zu erhalten?
Das tragische Beispiel des hier anonymisiert genannten Protagonisten, Willi Meier, ist kein Einzelfall. Jährlich kommen mehr als 5.000 Straftaten im Zusammenhang mit Insolvenzverschleppung gemäß §15a InsO zur Anzeige. Die Statistik des Jahres 2020 aus dem Bereich Wirtschaftskriminalität des Bundeskriminalamtes (BKA) wies insgesamt 8.635 Insolvenzdelikte mit einer Gesamtschadens-Summe von ca. 1,1 Mrd. EUR aus.
Das Strafmaß für den GmbH-Geschäftsführer hängt gemäß § 15a, Abs. 2 InsO davon ab, ob die Straftat als fahrlässig oder vorsätzlich eingestuft wird – neben Geldstrafen drohen bis 1 Jahr bzw. in besonders schwerwiegenden Fällen bis zu 3 Jahren Haft. Insolvenzverschleppung ist also kein Bagatelldelikt.
Prognostiziert werden kann, dass die Mehrzahl der „straffälligen“ oder in rechtliche Konflikte geratenen GmbH-Geschäftsführer:innen sich ihrer Tat und dem davon ausgehenden Risiko für ihr Unternehmen, das eigene Vermögen und auch die eigene Familie nicht oder nicht ausreichend bewusst sind. Die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften und Pflichten zur Sorgfalt (§43 GmbHG) oder zur Krisenfrüherkennung (§1 StaRUG) spielen im operativen Alltagsgeschäft meist eine eher unbeachtete Rolle.
Wenn Sie sich als Leser:in jetzt aufgerüttelt fühlen und in Ihrer Geschäftsführungsverantwortung aktiv werden wollen, um Ihr Unternehmen, sich selbst und Ihre Familie zu schützen, geben wir Ihnen mit unserem nachfolgenden Fachbeitrag einen Schritt-für Schritt-Leitfaden an die Hand, wie Sie mit relativ einfachen „Bordmitteln“ ein aussagekräftiges und transparentes Controlling-Tool für Ihr künftiges Liquiditätsmanagement aufbauen können, das Ihnen gleichzeitig die wirtschaftsrechtlich relevanten Auskünfte Ihres eigenen Tuns liefert.
Hier können Sie den Artikel aus dem Fachmagazin “Der Sanierungsberater”, Ausgabe 03/2021 downloaden.
Autor des Fachartikels: Dipl.-Ing. (FH) Jörg Heus
Weitere Informationen auf Bedarf gerne via: dialog@ambg.de
Er ist Gründer und CEO der AMBG Adiutor Management- und Beratungsgesellschaft. Mit seiner mehr als 20-jährigen Erfahrung in der betriebswirtschaftlichen Beratungspraxis ist sein Rat als Adiutor insbesondere in komplexen Sanierungs- und Restrukturierungsmandaten in der Automobil- und Zulieferindustrie im Rahmen von Eigenverwaltungen gefragt. In ausgewählten Fällen übernimmt er zusätzliche Verantwortung als Chief Restructuring Officer (CRO).